Anmerkungen von Bastian Zimmermann

Masterpiece Qualitätsprüfung

 

Qualitätsprüfung ist das neue Wort, das Wort der Erneuerung des Bereichs der Musikkritik. Es bedeutet wie eh und je das Weiterdenken des Vorgefundenen, das Fortführen eines aufgefundenen Gedankens im Werk, ganz im Sinne der romantischen Kunstkritik, nur dass in der Qualitätsprüfung diesen Worten sogar wieder Rückwirkungen zugesprochen werden - auf das Werk selber. Der Komponist setzt sich nochmals hin und korrigiert. Und das sagt vielleicht mehr über Prozesse gesellschaftlicher Art aus als über musikalische – es sagt etwas aus über die verheerenden Reflektionsmechanismen, die sich in nahezu allen Unternehmen, sozialen Einrichtungen und öffentlichen Institutionen implantiert haben: Jede Handlung, jeder Ablauf wird messbar gemacht und im Nachhinein evaluiert, überprüft, das heißt der Allgemeinheit zugänglich und auf seine Effizienz und Evaluierbarkeit kritisierbar gemacht. Es gibt nichts, es darf nichts geben, was nicht evaluierbar ist.

 

Form: Das Stück sollte über eine sinnvolle und interessante Form verfügen.

Bewertung: 1

Warum?

Form. Was soll ich darüber schreiben? Pseudoformen sind das! Sie passieren das Gehör, ereignen sich ohne jeden Grund, ohne jede Motivation, noch nicht einmal irgendeine Intensität der Klänge plausibilisiert mir den Fortgang: Nur weil man jemanden schubst und er logischerweise hinfällt, sich eventuell noch auffängt, macht das die Handlung oder die Entscheidung zur Handlung noch nicht interessant. Die Form und die Formen von „Masterpiece sind viel zu einsichtig, durchsichtig und leer, eindimensional.

 

Was können wir noch verbessern?

Die Formen, die hier erklingen, sind Formen, die von außen an das Werk herantreten, abgeschmackt. Formen, die nicht wirklich verspürt wurden. Vorschlag: Klänge wirklich spüren wollen. Klänge den Dingen, Situationen aussetzen, sie einsetzen, nutzen, ausnutzen, ihnen eine Vielgestalt oder auch eine Funktion zuweisen im Alltäglichen mit all seinen Ausnahmen. Entsteht hier gerade eine Kritik generale, an dem fehlenden Studium generale der KomponistInnen?

 

 

Individualität: Das Stück sollte etwas Besonderes haben und sich von anderen absetzen.

Bewertung: 1

Warum?

Wie soll man die Besonderheit eines Stücks innerhalb eines sehr engen Diskurses feststellen, wenn man nicht gerade Kompositionsprofessor ist, und sich in diesem oder jenem Diskurs musikästhetischer Entscheidungen befindet. Manche Schreiber begeben sich direkt in die Szenen, um diese raren Informationen zu sammeln. Sie sind Berichterstatter, aber keine Musikkritiker, Entschuldigung, hier Qualitätsprüfer. Ich gehe lieber von der Musik aus, die ich höre, gebrauche, die mich umgibt, die ich wähle und nicht wähle, die mir zukommt, mich überfällt und auch mein Interesse entgeistern kann. Es ist nicht alles ein Akt bewusster Entscheidungen. „Masterpiece“ kam mir als ein Akt bewussten Entscheidens unter - und es hat mich enttäuscht

 

Was können wir noch verbessern?

Das Besondere entsteht nicht übers Konzept, das kann gewitzt, intelligent oder schräg sein. Zu sagen, hier, wir nehmen die und die Instrumente, ich notiere was, sehr elaboriert. Als Qualitätsprüfer stelle mir da die Frage: Woher kommt diese elaborierte Sprache? Wenn ich das höre und sehe, ein junger Komponist mit einem alten Stück, ich komme mir vor wie vor einigen Jahren im Philosophiestudium, wo sich einige Studierende eine Sprache angeeignet hatten, die nicht die ihre war, ein Kunstsprache, ja, Eindruck hat es gemacht, gesagt haben sie nicht viel.