Das Ursprungskonzept

Masterpiece management 2014

Wie kann man die Qualität eines Stückes in neuer Musik beschreiben? Gibt es intersubjektiv gültige Qualitätskriterien oder wird jeder Rezipierende auf seine individuelle Subjektivität zurückgeworfen? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Qualität und Erfolg? Und wenn ja, worin könnte dieser bestehen? Ist es überhaupt möglich, mit einer empirischen Erhebung die Qualität eines Kunstwerks zu messen oder entzieht sich ein Kunstwerk notwendig einer solchen Beurteilungsweise? Funktioniert es, durch die Inanspruchnahme eines Consultings die Qualität eines Werkes zu steigern? Wie verändert sich ein Stück, wenn seine Autorschaft auf mehrere Personen erweitert wird?

Diese Fragen haben für unser Projekt masterpiece management, 2014 im Rahmen der new talents biennale Köln erstmals aufgeführt, eine zentrale Bedeutung. masterpiece management ist kein ganz gewöhnliches Stück, sondern zeichnet sich durch einen besonderen Entstehungsprozess aus, der selbst Teil des Kunstwerks geworden ist.


Die Versuchsanordnung 2014

Zuerst haben wir ein etwa vierminütiges Instrumentalstück (hier anhören und Partitur ansehen) komponiert und uns Kriterien überlegt, die wir entweder selbst in Bezug auf dieses Stück für wichtig hielten, oder aber von denen wir glaubten, dass sie in Bezug auf heute komponierte neue Musik für wichtig gehalten werden könnten. Dabei gingen wir aber nicht davon aus, dass alle Kriterien für dieses Stück eine Rolle spielen oder dass es diese sämtlich erfüllt.

Es handelte sich dabei um Kriterien wie Klang, Form, Individualität, Aktualität oder Relevanz für den ästhetischen Diskurs sowie für den Rezipienten ganz persönlich. Aus diesen Kriterien haben wir einen Fragebogen samt einer visuellen Analogskala (hier ansehen) erstellt und diesen zusammen mit dem Stück an verschiedene Personen weitergegeben, die wir gebeten haben, zu beurteilen, inwieweit sie die Kriterien bei diesem Stück für erfüllt ansehen und wo noch Optimierungspotential besteht. Zudem haben wir auch danach gefragt, welche Kriterien für ein gelungenes Stück im Jahr 2014 noch wichtig sein könnten.

Die „Gutachterinnen“ und „Gutachter“, denen wir diese Fragen gestellt haben, sind oder waren Professionals und dadurch einschlägige Experten auf dem Gebiet der Neuen Musik. So gab es ein dreiköpfiges „Expertenteam“ aus dem Bereich Komposition, welches aus Trond Reinholdtsen, Manos Tsangaris und Claus-Steffen Mahnkopf bestand, ein vierköpfiges „Expertenteam“ Musikwissenschaft/Musikkritik/Festivalmacher, bestehend aus Armin Köhler, Lydia Rilling, Martin Zenck und Bastian Zimmermann sowie ein Team aus drei professionellen UnternehmensberaterInnen, die keine ExpertInnen im Bereich Neuer Musik waren, aber über weitreichende Erfahrungen im Bereich Qualitätsmanagement verfügten.

Die Einschätzungen wurden auf einem Blog dokumentiert und öffentlich zugänglich gemacht und bestehen aus Anmerkungen und Verbesserungsvorschlägen zum Modellstück und zum Gesamtkonzept unseres Projekts, welche jedoch gleichzeitig auch als Diskussionsbeitrag zum aktuellen Stand der Neuen Musik samt ihren Problemen und ästhetischen Diskursen aufgefasst werden können (hier nachlesen).

Die Befragung der ExpertInnen diente jedoch nicht nur dazu, einen allgemeinen Diskurs zu initiieren, sondern hatte auch Auswirkungen auf das Stück selbst. So flossen die Rückmeldungen wiederum in das eigentliche Stück ein, indem wir aus den Anmerkungen zum Stück eine zweite Version von diesem generierten. Am Ende wurden die Originalversion und die qualitätsoptimierte Variante direkt nacheinander aufgeführt. Damit ließ sich nun auch hörend nachvollziehen, wie sich das Stück durch die Anregungen verschiedener Personen, die zusammen gewissermaßen eine kollektive Autorenschaft bilden, verändert hat.

Die Uraufführung von masterpiece management fand am 23. Mai 2014 im Rahmen der new talents biennale Köln 2014 statt. Es spielte das Ensemble MAM.manufaktur für aktuelle Musik unter der Leitung von Susanne Blumenthal.